„Verantwortungsvolle Kaufentscheidungen erleichtern.“

Dr. Susanne Steinhauer, Nachhaltigkeitsbeauftragte bei burgbad
Dr. Susanne Steinhauer, Nachhaltigkeitsbeauftragte bei burgbad.
29. September 2022

Wir sind seit 2016 klimaneutral, berichten sehr transparent und nach internationalen Standards über unsere Nachhaltigkeitsmaßnahmen und bemühen uns um das Vertrauen der Kunden durch neutrale Labels wie den Blauen Engel. Damit – und mit vielen anderen Verhaltensgrundsätzen, Maßnahmen und unseren sozialen Standards – sind wir in unserer Branche ein Vorreiter in Sachen Nachhaltigkeit. Dr. Susanne Steinhauer, Nachhaltigkeitsbeauftragte bei burgbad, erklärt, warum unser Bestseller-Programm Eqio gerade wieder zum Nachhaltigkeits-TÜV muss, und warum natürlich nicht gleich nachhaltig ist.

Frau Steinhauer, Natur steht hoch im Kurs, gerade im Wohnumfeld. Kund:innen wünschen sich natürliche Möbel aus Holz – möglichst aus nachhaltiger Forstwirtschaft. Aber ist das für das Badezimmer überhaupt sinnvoll?

Natürlich kann man auch Echtholzmöbel im Bad einsetzen. Es muss nur intensiver gepflegt werden, und man entscheidet sich bewusst dafür, Gebrauchsspuren in Kauf zu nehmen. Dafür lassen sich Vollholzmöbel im Prinzip immer wieder aufarbeiten. Holz lebt. Wir haben mit der Kollektion Max und mit Massivholzkonsolen selbst Vollholzmöbel im Programm, und viele unserer Kollektionen sind mit Furnieroberflächen erhältlich. Damit kommen wir dem Kundenwunsch nach natürlichen Oberflächen entgegen.

Aber die meisten Badmöbel bestehen doch aus beschichteten und lackierten Holzwerkstoffen, oder? Wie ist hier die Nachhaltigkeit einzuschätzen?

Vielen ist gar nicht klar, dass der Einsatz von Holzwerkstoffen ökologisch durchaus sinnvoll sein kann. Was ist nachhaltiger: ein Möbel aus Vollholz oder eines aus Holzwerkstoff, das aufgrund seines geringeren Gewichts weniger Transportkosten verursacht und – in unserem Fall – einen Recyclinganteil von ca. 30 Prozent aufweist? Immerhin ist Holz eine zwar nachwachsende, aber auch begrenzte Ressource.

Prinzipiell ist natürliches Material aber doch sicherlich nachhaltiger?

Jetzt fängt es an, kompliziert zu werden. Die Frage ist doch: Wie definiere ich Nachhaltigkeit? Neben dem ökologischen Aspekt, der sich etwa an der CO2-Emission, der Recycling-Fähigkeit und der Verwendung unbedenklicher Materialien misst, gibt es auch soziale Fragen zu berücksichtigen: Woher stammt ein Produkt, unter welchen Bedingungen wurde es hergestellt und welche sozialen Standards gelten im Herkunftsland? So ist es zum Beispiel bei Produkten Made in China schwierig auszuschließen, dass Uiguren unter Zwangsarbeits-ähnlichen Umständen am Produktionsprozess beteiligt waren. Auch solche Überlegungen müssen bei einer Bewertung nach Nachhaltigkeitskriterien mit einfließen.

„Neben dem ökologischen Aspekt gibt es auch soziale Fragen zu berücksichtigen.“

Dr. Susanne Steinhauer

Zur Nachhaltigkeit gehört aber doch auch Langlebigkeit, oder?

Ja, unbedingt. Aber das ist nicht nur eine Material-, sondern auch und vor allem eine Qualitätsfrage. Nachhaltiges Design etwa zählt auch hierzu, denn nur, was lange gefällt, wird auch lange genutzt. Hochwertige Holzmöbel, die eine lange Lebensdauer haben, sind sicherlich billig produzierten Möbeln aus schlecht versiegelten Holzwerkstoffen vorzuziehen, da diese bei Feuchtigkeit leichter aufquellen – und dann auf dem Müll landen. Unsere Holzwerkstoffe hingegen werden hochwertig verarbeitet, quasi umhüllt und mit Kanten in höchster Qualität versehen. Wir sind auch sehr stolz darauf, dass wir als erster Badmöbelhersteller das Siegel „Möbel Made in Germany“ verwenden können – und zwar für alle unsere Kollektionen.

Wie soll der Konsument sich bei so vielen Kriterien noch auskennen?

Letztlich ist eine Kaufentscheidung Vertrauenssache – ich muss einer Marke vertrauen oder/und mich auf Siegel verlassen. Deren Nachhaltigkeitsmaßnahmen und Vergabekriterien müssen nachvollziehbar sein. Darum setzen wir auf Transparenz und von neutraler Seite vergebene Gütesiegel. Wir veröffentlichen regelmäßig unsere Nachhaltigkeitsberichte und haben uns zudem vor einiger Zeit dazu entschlossen, uns mit unserem Bestsellerprogramm Eqio um einen Blauen Engel zu bewerben. Obwohl wir schon diverse Qualitätssiegel für unsere Möbel haben und seit Jahren nur noch PEFC-zertifizierte Holzwerkstoffe verwenden, mussten wir mit Eqio ein aufwändiges Prüfverfahren durchlaufen. Aber es hat sich gelohnt.

Warum der Blaue Engel? Seine Bekanntheit rührt doch hauptsächlich vom Recyclingpapier her.

Er wird in vielen Produktgruppen vergeben, und er ist das älteste und bekannteste Ökosiegel Deutschlands. Vor allem aber das vielleicht bestkontrollierte. Wir setzen zur Dokumentation unserer Nachhaltigkeits- und Qualitätsleistungen auf neutrale, RAL-geprüfte Labels. Unserer Auffassung nach ist das der beste Schutz gegen den Vorwurf des Greenwashings.

Pflanzaktion von burgbad mit Dr. Susanne Steinhauer
Bei der Pflanzaktion von burgbad im Schmallenberger Stadtforst leistete Dr. Susanne Steinhauer tatkräftige Unterstützung.

Es ist schon auffällig, wie viele Unternehmen auf einmal klimaneutral sind …

Das ist politisch gewollt und auch sinnvoll. Die Transformation unseres Wirtschaftssystems zu mehr Nachhaltigkeit braucht die Breitenwirkung. Gleichwohl macht es doch einen Unterschied, ob ein Label zur Klimaneutralität ausschließlich im Rahmen eines Zertifikate-Handels erworben wird, oder ob ein Unternehmen sich auch selbst aktiv um Klimaneutralität bemüht.

Wie ist burgbad klimaneutral geworden?

Wir sind schon seit 2016 klimaneutral. burgbad hat sich ganz bewusst dafür entschieden, sich auf dem Weg zur Klimaneutralität bestimmten Kriterien zu unterwerfen. Wir haben in einem ersten Schritt nach RAL- und DGM-Kriterien unsere CO2-Bilanz erstellt und geprüft, und in einem zweiten Schritt die Emissionen so weit wie möglich reduziert. Erst im dritten und letzten Schritt kompensieren wir seit 2016 die restlichen, nicht vermeidbaren Emissionen. Und dafür suchen wir gezielt Kompensationskonzepte mit sozialen Co-Benefits in Schwellen- und Entwicklungsländern.

Das klingt alles sehr kompliziert.

Wir bauen auf Transparenz. Alle Maßnahmen sind nachvollziehbar in unseren Berichten nachzulesen. Zusammen mit den Labels können wir so auf lange Sicht Vertrauen aufbauen. Dazu setzen wir auf die Kompetenz des Handels und den versierten Installateur als Vermittler.

Der Kunde sollte sich also im Fachhandel über die Nachhaltigkeit von Badprodukten informieren?

Genau. Wir wissen aus Umfragen, dass der Fachhandel aufgrund der Kundennachfrage bereits die zunehmende Bedeutung nachhaltiger Produktkonzepte und Marken-Images erkennt. Bei einem No-Name-Produkt weiß niemand mit Sicherheit, ob und wie gut die Holzherkunft geprüft ist. Aber ein Etikett wie der Blaue Engel kann schon eine Orientierungshilfe für den interessierten Endverbraucher sein. Das ist wie eine TÜV-Plakette in Sachen Nachhaltigkeit.

„burgbad hat sich ganz bewusst dafür entschieden, sich auf dem Weg zur Klimaneutralität bestimmten Kriterien zu unterwerfen.“

Dr. Susanne Steinhauer

Wie meinen Sie das?

Hinter dem Blauen Engel steht eine Norm, die vom Bundesumweltministerium in Verbindung mit RAL, dem Deutschen Institut für Gütesicherung und Kennzeichnung e.V., für jede Produktgruppe definiert wird. Wenn ein Unternehmen dieses Siegel für ein Produkt erhalten will, muss das Produkt jede einzelne in der Norm enthaltene Anforderung erfüllen. Darin sind ganz unterschiedliche Kriterien berücksichtigt, nicht nur, wie im Falle der Produktgruppe Möbel, die Qualität, die Emissionsarmut, die Holzherkunft oder die verwendeten Kleber und Lacke etc., sondern auch soziale Kriterien. Wenn ich, wie beim TÜV, nur eine einzige Anforderung nicht erfülle – wenn also sozusagen die Bremsen funktionieren und die Abgaswerte stimmen, aber kein Warndreieck im Kofferraum ist – bekomme ich die Plakette nicht.

Damit hat Eqio also eine Art Ritterschlag erhalten?

Ein Ritterschlag auf Zeit, wenn Sie so wollen. Die Normen werden in regelmäßigen Abständen den neuesten Erkenntnissen und Standards angepasst. Die für Eqio relevante Norm wurde gerade wieder überarbeitet und hat noch Gültigkeit bis Ende 2022; danach muss der Blaue Engel neu beantragt werden. Das heißt, wir sind gerade wieder in einem neuen kostenpflichtiges Prüfverfahren, in dem wir beweisen müssen, dass Eqio auch die neue Norm erfüllt, damit die Verbraucher:innen ständig sicher sein können, mit unserem Produkt ein nach neuesten Kriterien nachhaltiges Produkt zu erwerben. Das ist ein ständiger Prozess.

Was können die Verbraucher tun?

Für burgbad steht der Kunde immer im Mittelpunkt, und wir sehen, dass das Bewusstsein für die Notwendigkeit nachhaltigen Handelns steigt. Aber genau da liegt das Problem: Wir müssen die Lücke zwischen Bewusstsein und Handeln schließen. Darum braucht es mehr Produktangebote wie Eqio, mit denen die Verbraucher:innen ihre Verantwortung durch Kaufentscheidungen leichter wahrnehmen können. Mit dem Blauen Engel für Eqio, das ja gerade nicht zu unseren teuersten Programmen zählt, zeigen wir, dass man das auch in einem guten Preis-Leistungs-Verhältnis hinbekommt.

Zur Person:

Dr. Susanne Steinhauer übernahm 2013 die Aufgabe, das Thema Nachhaltigkeit bei burgbad systematisch aufzubauen. Damals eine in ihrer ganzen Konsequenz noch weitgehend unbekannte Herausforderung, verfolgt sie diese Aufgabe heute mit ganzem Herzen und engagiert sich u.a. als Referentin sowie als Vorsitzende des Beirats für Nachhaltigkeit bei der Deutschen Gütegemeinschaft Möbel (DGM).

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